Die älteste Synagoge in Europa. Alte hebräische Straßenschilder und Gravuren. Geheime jüdische Bäder und vergessene Ruinen, die unter Cafés versteckt sind. Das alles erwartet Sie im faszinierenden Viertel El Call in Barcelonas Barri Gòtic.
Es ist kein Geheimnis, dass Barcelona eine wahrhaft faszinierende Geschichte hat und damit auch Architektur und Viertel, in denen die Vergangenheit noch lebendig ist. Was jedoch nur wenige wissen, ist, dass Barcelona auch eine faszinierende jüdische Geschichte hat, deren Widerhall noch heute zu finden ist – wenn man weiß, wo man suchen muss…
Düstere Tage
Die katalanische Hauptstadt hat im Laufe ihrer Geschichte so manche turbulente Episode erlebt. Eine der dramatischsten und zerstörerischsten war vielleicht die Vertreibung der jüdischen Gemeinde, die einst die größte und wichtigste in Katalonien war. Es heißt, dass die Juden bereits seit der Römerzeit in der Region lebten und ihre Kultur bis zum Beginn der grausamen spanischen Inquisition im Jahr 1391 blühte.
Sie lebten im sogenannten El Call (wahrscheinlich vom hebräischen ‚Kahal‘ oder ‚Kehilla‘, was ‚Gemeinschaft‘ bedeutet), einem Viertel des Barri Gòtic, das heute zwischen Las Ramblas, Plaça Sant Jaume und der Kathedrale von Barcelona zu finden ist. Am 5. August 1391 kam es jedoch zu dem berüchtigten Massaker an den Juden in Barcelona, das neben dem offensichtlichen enormen Verlust an Menschenleben auch zu einer massiven Flucht aus der Stadt oder bestenfalls zum Übertritt zum christlichen Glauben führte. Das jüdische öffentliche Leben verschwand praktisch für Hunderte von Jahren. Erst im 19. Jahrhundert begannen die Juden in die katalanische Hauptstadt zurückzukehren.
Ein geheimes jüdisches Juwel
Am interessantesten ist vielleicht die Geschichte der Sinagoga Major de Barcelona – der einst wichtigsten Synagoge der Stadt, die sich in der Carrer de Marlet 5, mitten im alten jüdischen Viertel, befindet. Man nimmt an, dass das Gebäude mit römischen Fundamenten in irgendeiner Form seit dem 5. Jahrhundert existiert und zusammen mit der Synagoge von Ostia in Rom als eine der ältesten in Europa gilt.
Obwohl man annimmt, dass bis zum 14. Jahrhundert vier Synagogen in Barcelona existierten, ist das „Major“ das einzige Gebäude, dessen wahre Identität aufgedeckt wurde. Im Rahmen eines Forschungsprojekts über die jüdische Geschichte Barcelonas wurde der wahre Ursprung dieses damals vergessenen Gebäudes entdeckt. Nach der Vertreibung der Juden wurde das Gebäude für viele Dinge genutzt – sogar als Lagerraum – und im 17. Jahrhundert wurden Wohnungen darüber gebaut. Der geheime Charakter des Gebäudes trägt heute jedoch nur zu seinem Charme und seiner Faszination bei.
Besuch in der Synagoge
Die Sinagoga Major wurde restauriert und schließlich 2002 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieses fesselnde Gebäude ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Schon der Eingang ist faszinierend: eine kleine Tür, die über eine Treppe auf das ursprüngliche Straßenniveau der römischen Fundamente führt. Im linken Raum der Synagoge fallen zwei große Fenster auf. Diese Fenster sind nach Osten gerichtet, auf die Stadt Jerusalem.
Das Gebäude beherbergt auch andere interessante Kuriositäten wie z. B. Ausstellungen jüdischer Gegenstände, die viel über die Kultur und Gesellschaft der Gemeinde verraten. Heute finden in der Synagoge keine regelmäßigen Gottesdienste mehr statt, aber gelegentlich werden besondere Zeremonien abgehalten. Führungen durch das Gebäude sind sowohl auf Englisch als auch auf Hebräisch möglich, die Öffnungszeiten sind wie folgt:
Öffnungszeiten Sommer
Montag – Freitag: 10.30 – 18.30
Wochenenden: 10.30 – 14.30
Öffnungszeiten Winter
Montag – Freitag: 11.00 – 17.30
Wochenenden: 11.00 – 15.00
Die geheimen Orte von El Call in Barcelona
Das Café Caelum in der Carrer de la Palla 8 ist ein interessanter Ort, den Sie während Ihrer jüdischen Tour durch Barcelona besuchen sollten. Dieses hübsche Café, in dem übrigens auch wunderbarer Tee und Kuchen serviert werden, verfügt über einen faszinierenden unterirdischen Bereich, in dem sich angeblich die alten jüdischen Frauenbäder befanden. Die nahegelegenen Tapas-Bars La Vinateria del Call und La Alcoba Azul in der Carrer Sant Domènec del Call, die einst die Hauptverkehrsader des jüdischen Viertels war, haben ebenfalls ein unglaublich „altes“ Flair, und in der Alcoba finden sich einige sehr kuriose jüdische Überreste…
Wenn Sie also etwas ganz anderes erleben wollen, wenn Sie die geheime und doch fesselnde Geschichte Barcelonas kennenlernen wollen, sollten Sie El Call besuchen.
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